Raum halten

Seit 2010 steht das Buch von Marvin Weisbord und Sandra Janoff in meinem Regal: „Don´t just do something, stand there“. Letzte Woche habe diesen Grundsatz (mal wieder) in einem Workshop besonders realisieren können.

Ich hatte die Moderation kurzfristig übernommen, nachdem eine ehemalige Kundin mich nach langer Kontaktpause anrief. Sie hatte gemeinsam mit einem Teamleiter-Kollegen ein Team-übergreifendes Zwei-Tages-Event geplant, in dem die Produkte im Vordergrund stehen sollten. Die Agenda war so gut wie fertig: Sie enthielt viele Produkt-Erlebnisse und darauf aufbauend die Entwicklung von Geschichten rund um die Produkte. Diese sollten sich gegenseitig erzählt werden, damit die Wirkung der Stories am eigenen Leib erfahren, auf Resonanz überprüft und gegebenenfalls verbessert werden konnten. Ein rundes Konzept, das gut zu meinem Leistungsangebot passt.

Die Idee, mich als Moderatorin hinzuzubitten, entstand aufgrund einer emotional aufgeladenen Betriebsversammlung, die zwei Tage vor dem Anruf bei mir stattgefunden hatte. Die Organisation befindet sich in einem größeren Transformationsprozess und es war einiger Unmut der Mitarbeitenden zu den anstehenden Veränderungen sehr laut geäußert worden. Meine Kundin machte sich Sorgen, dass es in ihrem Workshop zu Konflikten kommen könnte.

Also fuhr ich mit vielen potenziellen Konfliktlösungsmethoden und -tools im Kopf los, nachdem ich in diversen Vorgesprächen die Agenda an einigen Stellen dahin gehend verändert hatte, dass die Teilnehmenden besser miteinander in Verbindung gehen konnten. Frei nach Martin Buber: Alles wirkliche Leben ist Begegnung.

Und was ist passiert? Es ist zu keinem Konflikt gekommen. Stattdessen wuchs die Erkenntnis, dass alle Anwesenden mit Leidenschaft und viel Herzblut ihre Aufgaben verfolgen – und die Kunden dabei im Fokus haben. Ich brauchte gar nicht viel dazu zu tun – und dabei rede ich so gerne mit Händen und Füssen – diesmal habe ich oft einfach „nur“ da gestanden…